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Coverstory: Andreas Gabalier

Ein Superheld auf Abwegen

Der Umhang des selbsternannten "Mountain Man" wehte zuletzt vor allem aufgrund massiven Gegenwinds. Mit seinem neuen Album will Andreas Gabalier nun aber zurückschlagen und an seinen alten Erfolgen anknüpfen.

Superhelden in hautengen Strumpfhosen gibt es viele, einen in Lederhosen gibt es nun auch, denn Andreas Gabalier hat sich als "Mountain Man" neu erfunden. Dass das Heldentum allerdings gar nicht so einfach zu bewältigen ist, haben die vergangenen Wochen und Monate bewiesen. Gut, Neider und Kritiker hatte der steirische Volks-Rock’n’Roller seit Beginn seiner Karriere, dennoch hat Andreas Gabalier definitiv auch schon leichtere Zeiten hinter sich. Als er vor vier Jahren mit "I sing a Liad für di" quasi zum Retter des volkstümlichen Schlagers ernannt wurde, hat alles angefangen. Er löste hierzulande einen Trachtenhype aus, lockte plötzlich auch die Jugend wieder auf Volksfeste und Schlagerkonzerte und wurde innerhalb kürzester Zeit selbst in Deutschland und der Schweiz zum Star. Zwischenzeitlich wirkte es daher fast so als könne Andreas Gabalier wirklich tun was er wollte, Kritik und Misserfolg würden einfach an dem Schutzpanzer seines Superhelden-Outfits abprallen. Die Probleme eines Helden enden in der Regel allerdings nicht mit seiner ersten Heldentat, sondern fangen dann meistens erst so richtig an. Zieht man tatsächlich eine Parallele zu Comicbuchcharakteren wie Superman oder Batman, so ergibt die spaßige "Mountain Man"-Figur eine überraschend passende Metapher. Plötzlich will jeder gerettet werden, in der Bevölkerung machen sich Neid und Missgunst breit und die Bösewichte, die dem Superhelden auf den Leib rücken, werden immer mehr. Egal ob Erfolg oder plötzlich erlangte Superkräfte: beide wecken Begehrlichkeiten. Jede Tat und jedes ausgesprochen Wort wird in die Waagschale gelegt und schon schwindet der Heldenstatus wieder. Andreas Gabaliers Brustpanzerung hat in jüngster Vergangenheit deshalb einiges aushalten müssen, phasenweise stand der 30-Jährige gar unter Dauerbeschuss.

Kapitel eins unserer "Mountain Man"-Geschichte beginnt im letzten Sommer beim Großen Preis von Österreich. Nachdem er dort die Österreichische Bundeshymne nämlich in der veralteten Version mit der Zeile "Heimat bist Du großer Söhne" und ohne die 2012 gesetzlich festgelegte geschlechtergerechte Änderung sang, brach der erste große Skandal aus. In Comics sind es stets die so genannten Superschurken, die es auf die maskierten Helden abgesehen haben, in Gabaliers Fall waren es Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Ex-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat.Vor allem mit letzterer lieferte sich der Mountain Man ein wahrlich action- und wortreiches Gefecht in der "ZIB 24". "Den Text der österreichischen Bundeshymne lernte ich mit acht Jahren in der Schule im Sachkundeunterricht und ich sehe keine Veranlassung, ihn anders zu singen", erklärte Andreas Gabalier damals in der TV-Sendung, woraufhin Rauch-Kallat prompt zu einem Angriff unter die Gürtellinie ansetzte: "Zu sagen, ich hab’s so gelernt mit acht – ich gehe davon aus, dass Sie mit einem Jahr wie andere Kinder noch in die Windeln gemacht haben und das jetzt nicht mehr tun, weil Sie gelernt haben, ihre Schließmuskeln zu beherrschen – also gehe ich davon aus, dass Sie auch gelernt haben, Texte anders zu singen." Zwar standen in diesem Bezug viele Leute auf der Seite des Sängers, positive Werbung war es für den Steirer allerdings trotzdem keine. Im Rahmen der diesjährigen Preisverleihung des "Amadeus Austrian Music Awards" folgte dann Kapitel Nummer zwei: Der Mountain Man im Kampf gegen die Homophobie. In seiner Dankesrede meinte Andreas Gabalier, dass man es heute schwer habe, wenn man als Manderl noch auf Weiberl stünde. Ein Sager, der abermals für wochenlange Diskussionen sorgte und den Brustpanzer des volkstümlichen Superhelden zum wiederholten Male innerhalb kürzester Zeit auf die Probe stellte. In diesem Fall konterte jedoch Gabalier geschickt via Facebook und postete auf seiner Seite: "Jemanden sofort mit Kraftausdrücken zu bewerfen und als ewiggestrigen Hinterweltler hinzustellen, weil er anderer Meinung als man es selbst ist und es sich herausnimmt zu sagen, dass er als Bua noch auf a Dirndl steht. Das ist Toleranz??? Das ist Toleranzheuchelei." In Zukunft werde er dem Amadeus übrigens laut eigenen Aussagen fernbleiben. Kapitel drei hat schlussendlich mit dem "Mountain Man" selbst zu tun, denn natürlich hat auch seine neue Single samt Titel und dazugehörigem Cover wieder für Schlagzeilen gesorgt. Überheblich sei Andreas Gabalier geworden, von seiner ehrlichen bodenständigen Musik sei er abgekommen und überhaupt sei der Mountain Man nur noch eines und zwar peinlich. Dass der Lederhosen-Supermann auf dem Cover des neuen Albums auch noch über eine Busenlandschaft fliegt, hat zudem für eine neuerliche Sexismus-Debatte gesorgt. Man hat es also weder als Superheld noch als Musikstar wirklich leicht, vor allem dann nicht wenn alles ernst genommen wird. "Es geht sich leichter durchs Leben wenn man nicht alles so ernst nimmt, sondern manche Dinge einfach mit einem Augenzwinkern sieht", spricht uns Andreas Gabalier aus der Seele.

"Jemanden sofort mit Kraftausdrücken zu bewerfen und als ewiggestrigen
Hinterweltler hinzustellen, weil er anderer Meinung als man es selbst ist… das ist
Toleranzheuchelei!"

Die "Mountain Man"-Single soll Spaß machen und unterhalten, genau wie dieser Artikel und Andis kommendes Album auch. So kommen wir nach vielen Umwegen endlich wieder zurück zur Musik, die während all der Skandale und Superheldeneinsätze viel zu kurz gekommen ist. Andreas Gabaliers letzten drei Scheiben landeten in Österreich allesamt auf der Eins, insgesamt konnte der Steirer bereits knapp zwei Millionen Tonträger verkaufen und fast dreißig Platin-Auszeichnungen mit nachhause nehmen. Die Erwartungen an sein fünftes Studioalbum "Mountain Man" (VÖ: 15. Mai 2015) sind also zu Recht sehr hoch. Wird er sie aber auch erfüllen können und vor allem was hat Andreas diesmal im musikalischen Köcher? Mit "Herzwerk" (2010) gelang ihm einst der Durchbruch, mit "Volks-Rock’n’Roller" (2011) erfand er sich als Alpenelvis erstmals völlig neu und "Home Sweet Home" (2013) war Gabaliers Ausflug in die amerikanische Musikmetropole Nashville. Der neue Silberling bietet nun von allem ein bisschen etwas, gepaart mit einigen komplett neuen Klängen, wie eben der von Fans mit gemischten Gefühlen aufgenommenen Titel-Single. "Ich werde viel daheim sein und texten", kündigte Gabalier im letzten Herbst an und zog sich daraufhin mit seinem Produzenten Mathias Roska ins Tonstudio zurück. Bis vor wenigen Wochen tüftelten die zwei gemeinsam an der perfekten Mischung, selbst die Osterfeiertage verbrachten sie im Studio im steirischen Teufenbach. Und selbstverständlich sind dabei nicht nur "Mountain Man" entstanden, sondern auch Balladen, Lieder mit Blues- und Funk-Einflüssen, klassische Polkas oder sogar das Bigband-"Dschungelbuch"-Cover "Probiers Mal Mit Gemütlichkeit". Wir sind uns deshalb ziemlich sicher: Wenn das Album erstmal auf dem Markt ist, wird Andi zurückschlagen und mit seinem Umhang wieder dort hinfliegen, wo er sich am wohlsten fühlt und zwar in den Charthimmel.

Fotos: © Chris Heidrich

 

 

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